NSU-Prozess BGH bestätigt lebenslange Haft für Zschäpe
Stand: 19.08.2021 12:43 Uhr
Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, muss lebenslang in Haft bleiben. Der BGH wies die Revision gegen ihre Verurteilung zurück. Damit ist Zschäpe rechtskräftig als Mittäterin des NSU verurteilt.
Ueber Jahre hinweg - von 2000 bis 2007 - verübte die rechtsextreme Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) zehn Morde, tötete dabei neun Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund sowie die Polizistin Michèle Kiesewetter. Außerdem verübte sie drei Bombenanschläge und zahlreiche Banküberfälle, um die Verbrechen zu finanzieren.
Es dauerte Jahre, bis das Terror-Trio aufflog: Ende 2011 überfielen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eine Sparkasse in Eisenach. Die Polizei leitete eine Ringfahndung ein. Mundlos und Böhnhardt begingen Selbstmord. Wenige Tage später stellte sich ihre Komplizin Beate Zschäpe.
2013 begann dann der NSU-Prozess vorm Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München. Nach fünf Jahren und insgesamt 438 Verhandlungstagen, bei denen mehr als 700 Zeugen gehört wurden, wurde das Urteil verkündet: lebenslange Freiheitstrafe für Beate Zschäpe. Vier Unterstützer des NSU wurden zu Haftstrafen verurteilt.
Zschäpe zu Recht als Mittäterin verurteilt
Zschäpe und drei der Helfer legten beim Bundesgerichtshof Revision gegen ihre Verurteilungen ein. Diese hat der 3. Strafsenat nun zurückgewiesen und die Urteile bestätigt. Sie sind damit rechtskräftig. Das bedeutet: Beate Zschäpe ist zu Recht als Mittäterin der NSU-Morde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München hatte bei ihr auch eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Auch das hat der BGH gebilligt. Damit ist ausgeschlossen, dass Zschäpe nach 15 Jahren Freiheitsstrafe wieder freikommt.
Claudia Kornmeier, SWR, Rechtsexpertin, zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Beate Zschäpe
Verurteilungen zweier Unterstützer auch rechtskräftig
Rechtskräftig sind auch die Verurteilungen von zwei Unterstützern des NSU. Der eine, Ralf Wohlleben, hatte den beiden Haupttätern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Waffen besorgt. Er wurde wegen Beihilfe zum Mord zu zehn Jahren Haft verurteilt; Holger G. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu drei Jahren Haft.
Einstufung Zschäpes als Mittäterin war umstritten
Umstritten war vor allem die Tatsache, dass Beate Zschäpe als Mittäterin eingestuft worden war, obwohl man ihr nicht nachweisen konnte, dass sie selbst an einem der Tatorte präsent war. Wenn, dann sei sie nur Gehilfin gewesen, so ihre Verteidiger. Zschäpe habe zu keiner einzelnen Tat einen konkreten Beitrag geleistet. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts München wären die Morde ohne ihre Unterstützung aber nicht durchgeführt worden. Sie habe sich um die gemeinsame Wohnung in Zwickau gekümmert, damit für einen Rückzugsraum gesorgt. Sie habe die Finanzen verwaltet und die Taten mit geplant. Deshalb wurde sie als Mittäterin verurteilt.
Maßgeblicher Einfluss auf die Planung der Morde
Der Bundesgerichtshof hat dies nun höchstrichterlich bestätigt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH zur Mittäterschaft ist dabei vor allem maßgeblich "der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu". Der 3. Strafsenat sieht im Falle von Zschäpe diese Voraussetzungen als erfüllt an. Zschäpe habe in ausreichendem Maße sowohl Tatherrschhaft als auch ein Tatinteresse gehabt. Konkret: Sie habe einen maßgeblichen Einfluss bei der Planung der Morde gehabt, auch auf den Willen ihrer beiden Komplizen zur Tatbegehung. Auch sie habe ein starkes Interesse daran gehabt, dass die Morde, Bombenanschläge und Raubüberfälle erfolgreich durchgeführt werden. All das mache sie zur Mittäterin, so der BGH.
Über Revision von André E. wird noch verhandelt
Abgeschlossen ist das Verfahren in Karlsruhe damit aber nicht. Anfang Dezember wird der BGH noch über die Revision des NSU-Helfers André E. verhandeln. Er hatte unter anderem Mundlos und Böhnhardt ein Wohnmobil besorgt und wurde wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Bundesanwaltschaft hatte ebenfalls Revision eingelegt. Sie will erreichen, dass André E. wegen Beihilfe zum Mord verurteilt und damit deutlich härter bestraft wird.
Aktenzeichen: 3 StR 441/20
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