Frau Souveränität: Uschis sushi











Von der Leyen vor Jahrestag: EU muss krisenfester werden



Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, während einer Pressekonferenz im März.
(Foto: Etienne Ansotte/dpa)
Das deutsche Urteil zu Anleihenkäufen der EZB werfe Fragen auf, die den Kern der europäischen Souveränität berührten. Die schnelle Reaktion der EU-Kommissionspräsidentin ist ungewöhnlich, und setzt am Europatag ein deutliches Zeichen.

Nach dem umstrittenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Dienstag zur Europäischen Zentralbank (EZB), erwägt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Dies geht aus einem Brief von der Leyens an den Grünen-Europapolitiker Sven Giegold hervor, den Giegold auf Twitter veröffentlichte. "Ich nehme diese Sache sehr ernst", heißt es in dem Schreiben vom Samstag.

Die schnelle Reaktion der EU-Kommissionspräsidentin ist ungewöhnlich. Sie zeigt, wie ernst es von der Leyen damit ist, insbesondere am Europatag die Souveränität der Europäischen Union sicherzustellen. Am 9. Mai jährt sich zum 70. Mal die sogenannte Schuman-Erklärung, in der der damalige französische Außenminister Robert Schuman dazu aufrief, Frieden in Europa über eine tiefere wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration der Staaten zu schaffen. Diese Prämisse wird in einigen Staaten inzwischen angezweifelt.
Dass die EU-Kommission jetzt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland prüft, zeigt auch, dass die Behörde bemüht ist, die europäische Rechtsgemeinschaft gegen jegliche Angriffe zu verteidigen. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag Teile des Anleihenkaufprogramms der Europäischen Zentralbank als illegal bezeichnet und eine bessere Kontrolle der EZB verlangt. Das Gericht hatte sich damit über ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs hinweggesetzt. Das kann Brüssel als Eingriff in die Souveränität der europäischen Rechtsgemeinschaft werten. Die EZB wird vom Europäischen Parlament kontrolliert, für rechtliche Prüfungen ist der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zuständig. Die deutsche Bundesbank berichtet dem Bundestag, urteilen kann hier das Bundesverfassungsgericht.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die milliardenschweren Staatsanleihenkäufe der EZB beanstandet. Anders als der EuGH entschieden die Karlsruher Richter, die Notenbank habe ihr Mandat überspannt. Das EuGH-Urteil nannten sie "objektiv willkürlich" und "methodisch nicht mehr vertretbar". Giegold hatte die EU-Kommission deshalb aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.
Von der Leyen bekräftigte in ihrer Antwort an den Europaabgeordneten, das deutsche Urteil werde derzeit genau analysiert, fügte aber bereits an: "Auf der Basis dieser Erkenntnisse prüfen wir mögliche nächste Schritte bis hin zu einem Vertragsverletzungsverfahren." Das Urteil des Verfassungsgerichts werfe Fragen auf, die den Kern der europäischen Souveränität berührten, hieß es in dem Schreiben. Die Währungspolitik der Union sei eine ausschließliche Zuständigkeit. EU-Recht habe Vorrang vor nationalem Recht, und Urteile des EuGH seien für alle nationalen Gerichte bindend. "Das letzte Wort zum EU-Recht hat immer der Europäische Gerichtshof in Luxemburg", schrieb von der Leyen. Die EU sei eine Werte- und Rechtsgemeinschaft, die die EU-Kommission jederzeit wahren und verteidigen werde.
Giegold, Sprecher der deutschen Grünen-Abgeordneten und Obmann der Grünen im Währungsausschuss des Europaparlaments, sagte am Samstag, ihm gehe es nicht um einfache Kritik am  Bundesverfassungsgericht. Doch bedrohe der Streit zwischen Karlsruhe und Luxemburg die europäische Rechtsgemeinschaft. Giegold ist mit seiner Urteilsschelte nicht allein. Die SPD-Europapolitikerin Katarina Barley sprach in der Passauer Neuen Presse von einem fatalen Signal. Der Europarechtler Franz Mayer verglich das Urteil mit einer "Atombombe".

© SZ.de/gam/luch/dpa /ghe

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