Manchmal hilft ein Blick in die Historie, um Vorurteile zu relativieren. Griechenland hat zwar nicht ohne Grund den Ruf als Serien-Pleitier. Schon in wenigen Tagen könnte das Land einen weiteren Staatsbankrott hinlegen – und der jüngste liegt erst drei Jahre zurück. Doch selbst dann käme das Land in seiner Geschichte auf „lediglich“ sieben Pleiten und würde damit zu einer anderen Nation aufschließen, die das Image des Verfechters von Haushaltsdisziplin hat: Deutschland – beziehungsweise Preußen – hat in den vergangenen zwei Jahrhunderten ebenfalls sieben Mal seine Gläubiger geprellt.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ruinierten die Napoleonischen Kriege die Staatsfinanzen. Preußen erlebte in den Jahren 1807 und 1813 gleich zweimal kurz hintereinander einen Bankrott, ein weiterer folgte im Jahr 1850. Ein Jahrhundert später erfolgten die Staatsinsolvenzen abermals entlang von Wirtschaftskrisen und Kriegen.
In der Großen Depression kam Deutschland 1932 mit dem Schuldendienst in den Verzug, nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 wurden sämtliche Zahlungen ausgesetzt. Dazu entledigte sich Berlin über eine Hyperinflation im Jahr 1923 und eine Währungsreform 1948 eines Großteils seiner Schulden.
Griechenland droht die siebte Pleite seit 1800
Nun könnte Griechenland mit den Deutschen gleichziehen und seine siebte Pleite seit der Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich im Jahr 1822 hinlegen. Selbst wenn Athen nach all den gescheiterten Krisen-Treffen eine Einigung mit den Kreditgebern in letzter Minute gelingt, braucht es eine Weile, bis die Hilfsgelder fließen.
Nicht nur das griechische Parlament muss dem Kompromiss zustimmen, auch viele nationale Parlamente der Euro-Staaten. Bis dann die ersten Gelder fließen, kann ein wichtiger Zahlungstermin verstrichen sein, was umso mehr gelten würde, wenn keine rasche Einigung gefunden wird.
Auslöser für den Bankrott dürften dann aber nicht die milliardenschweren Schulden beim Internationalen Währungsfonds (IWF) sein. Athen muss Ende des Monats gut 1,5 Milliarden Euro nach Washington überweisen. Ein Zahlungsverzug würde aber nicht unbedingt den Pleitefall auslösen, wie die führenden Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s immer wieder betont haben. Die Bonitätsprüfer werten nur nicht geleistete Verpflichtungen gegenüber privaten Gläubigern als Zahlungsausfall.
Am 14. Juli wird der Samurai-Bond fällig
Doch schon Mitte des Monats kommt dieser ultimative Pleitetest. Am 14. Juli steht nach Daten des Finanzdienstes Bloomberg eine 1995 in japanischen Yen begebene Anleihe zur Rückzahlung an. Umgerechnet 144 Millionen Euro muss das griechische Finanzministerium für das Samurai-Papier, wie die Yen-Anleihe im Branchenjargon genannt wird, berappen. Eine Nichtbedienung der Samurai-Bonds käme dem Staatsbankrott gleich, da es sich um eine von privaten Gläubigern gehaltene marktfähige Schuldverschreibung handelt.
„Wenn der Samurai-Bond nicht zurückgezahlt wird, könnte das einen Dominoeffekt bei anderen Staatspapieren auslösen“, sagte Ryosuke Kaneko, Kreditanalyst bei Mizuho Securities, gegenüber Bloomberg. Wenn Griechenland die Zahlung an den IWF am Monatsende nicht leisten kann, dann „werden Marktteilnehmer beginnen, sich auf den Samurai-Bond als Auslöser zu konzentrieren“.
Wie groß das Pleiterisiko des Mittelmeerstaates inzwischen ist, offenbart der Kurs der Anleihe. Der Samurai-Bond notiert zwei Wochen vor der Rückzahlung bei 74 Prozent seines Nennwertes. Sprich: Investoren, die jetzt zugreifen, können im besten Fall binnen weniger Handelstage einen Gewinn von 26 Prozent einstreichen. Rechnerisch entspricht das einer Jahresrendite von unglaublichen 846 Prozent.
Mit Tricks könnte Griechenland den IWF bedienen
Die Ratingagentur S&P hatte bereits Anfang Juni vor einem Zahlungsausfall gewarnt und ihre Bonitätsnote für Griechenland um eine Stufe auf „CCC“ gesenkt, acht Stufen unterhalb der Gütekategorie Investmentgrade und nur noch vier Stufen über dem Default, wie der Zahlungsausfall an den Märkten genannt wird. Zuvor hatte Athen eine Zahlung an den IWF auf Ende Juni verschoben, für S&P ein deutliches Zeichen für die finanziell angespannte Lage des Landes.
Bislang schauen sämtliche Experten auf die IWF-Zahlung Ende des Monats. Hier wurden bereits zahlreiche Optionen durchgespielt, wie Athen trotz des eng gestrickten Zeitplans pünktlich zahlen kann. So könnte ein Teil der Gewinne, welche die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Kauf von Griechenland-Anleihen gemacht hat, kurzfristig überwiesen werden.
Möglich wäre auch, dass die EZB die Obergrenze bei den kurz laufenden Schatztiteln lockert. Finanzminister Janis Varoufakis könnte dann weitere T-Bills an die einheimischen Banken verkaufen, die diese wiederum bei der Notenbank hinterlegen und zu Geld machen. Allerdings würde das dem Tatbestand der Staatsfinanzierung gleichkommen, was der EZB eigentlich untersagt ist.
„Auch im Fall einer etwaigen Einigung mit den Geldgebern würde die Aufmerksamkeit der Märkte sofort auf die technische Rückzahlung der anstehenden Schulden gelenkt werden“, sagt David Mackie, Stratege bei JP Morgan.
IWF könnte die Tilgung des Samurai-Bonds stoppen
Der Samurai-Bond hat bislang wenig Aufmerksamkeit erregt. Doch das wird sich ändern. „Sollte Griechenland die Zahlungen an den IWF nicht leisten, wird dem Land möglicherweise nicht gestattet, den Samurai-Bond zu tilgen“, sagte Mana Nakazora, Chef-Kreditstratege bei BNP Paribas gegenüber Bloomberg. „IWF oder EZB könnten eine Anordnung erwirken, die Zahlung zu stoppen.“
Dann hätte Hellas mit Deutschland gleichgezogen. In einer Hinsicht jedoch wird Griechenland schon jetzt dem Vorurteil als Serien-Pleitier gerecht. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1822 verbrachte das Land mehr als die Hälfte dieser Zeit im zahlungsunfähigen Stadium, Deutschland im gleichen Zeitraum nur 13 Proze
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