Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Streit um Impf-Auskunft auf Arbeit
Deutschlands Politik diskutiert, ob Arbeitgeber:innen den Impfstatus abfragen dürfen. Die Kassenärzt:innen fordern eine Stiko-Empfehlung zu Dritt-Impfungen.
Kassenärzt:innen fordern Stiko-Empfehlung zu Drittimpfung
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert eine schnelle offizielle Empfehlung, ob sich Risikogruppen ein drittes Mal gegen das Coronavirus impfen lassen sollen. KVB-Chef Andreas Gassen sagte am Mittwoch im Inforadio des rbb, er hoffe, dass die Ständige Impfkommission hier relativ zeitnah eine entsprechende Empfehlung formuliere. Das würde es allen einfacher machen auch in der Diskussion mit Patient:innen.
Zum Thema, wer für eine dritte Impfung in Frage kommt, sagte Gassen: „Im Grundsatz geht man davon aus, dass Auffrisch-Impfungen für alle Menschen Sinn machen, die eine schwächere Immun-Antwort hatten und deshalb möglicherweise auch eine abfallende Impfwirkung. Das sind in der Regel hochbetagte oder immungeschwächte Personen.“ Dazu gebe es allerdings bisher noch keine klare wissenschaftliche Positionierung. (epd)
Streit um Impf-Auskunft für Arbeitgeber
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hält ein Auskunftsrecht des Arbeitgebers mit Blick auf den Impfstatus der Beschäftigten nur in Ausnahmefällen für vertretbar. „Gesundheitsdaten von Beschäftigten sind besonders sensibel, dazu gehört auch die Frage einer Impfung gegen das Corona-Virus“, sagt die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochausgaben). Ein Auskunftsrecht von Arbeitgebern sei daher nur in bestimmten Fällen vorstellbar, „in denen es um besondere Gefährdungssituationen geht“.
In der Debatte um eine mögliche Impfstatusabfrage unter Beschäftigten haben Arbeitgebervertreter klare Ansagen der Regierung gefordert. Bei Vertretern der Arbeitnehmerseite löste ein entsprechender Vorstoß für eine Auskunftspflicht dagegen Kritik aus.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) unterstützte die Position der Arbeitgeber. An vielen Orten in Deutschland müssten Bürger:innen Auskunft geben über ihren Status, um Zutritt zu erlangen etwa zu Restaurants. „Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass auch im betrieblichen Arbeitsprozess, dort wo Auskünfte über den Impfstatus notwendig sind und sinnvoll sind, um die innerbetrieblichen Abläufe zu erleichtern, diese Auskünfte gegeben werden sollen.“ Er werde sich dafür in der Bundesregierung einsetzen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht das anders: Die Forderung sei ein „No-Go“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. „Die Information, ob jemand geimpft ist, unterliegt wie alle anderen Gesundheitsdaten der Beschäftigten dem Datenschutz, sie hat Arbeitgeber nicht zu interessieren.“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil lehnt ein Recht zur Abfrage zwar nicht grundsätzlich ab, sieht sie aber skeptisch. Die Frage sei, auf welcher Rechtsgrundlage eine solche Regelung umgesetzt werden könnte, sagte der SPD-Politiker im rbb-Inforadio. Der Arbeitsschutz gebe das wegen der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten nicht her. „Aber wenn Jens Spahn einen konkreten Gesetzesvorschlag für das Infektionsschutzgesetz macht, dann kann ich mir das angucken.“
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ gesagt, er sei gerade hin- und hergerissen, ob man das Gesetz ändern solle, damit Arbeitgeber zumindest für die nächsten sechs Monate nach dem Impfstatus der Beschäftigten fragen dürften. Er tendiere in der Frage „zunehmend zu ja“. Spahn argumentierte: „Wenn alle im Großraumbüro geimpft sind, kann ich damit anders umgehen, als wenn da 50 Prozent nicht geimpft sind.“
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber verlangte eine bundeseinheitliche Regelung, „ob und in wieweit Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den Impf- und Teststatus ihrer Beschäftigten erfragen dürfen“. Die Bundesregierung sei „jetzt in der Pflicht, hier schnell eine Lösung zu finden, die keinen weiteren Flickenteppich erzeugt“, sagte Kelber dem „Handelsblatt“. Die Arbeitgeber müssten nicht wissen, welchen konkreten Status ihre Beschäftigten haben, also ob geimpft, genesen oder getestet.
Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger, hatte am Montag erklärt: „Unternehmen und Betriebe brauchen jetzt eine klare Ansage, dass sie den Impfstatus ihrer Beschäftigten erfragen dürfen, um die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit aller ihrer beschäftigten Mitarbeiter sicherzustellen.“ (rtr/dpa)
Sieben-Tage-Inzidenz steigt wieder
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 13.531 neue Positiv-Tests. Das sind 1.970 mehr als am Mittwoch vor einer Woche, als 11.561 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 75,7 von 74,8 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner:innen sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.
23 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf 92.223. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 3,9 Millionen Corona-Tests positiv aus. (rtr)
WHO eröffnet Frühwarnzentrum in Berlin
In Berlin wird am Mittwoch das neue Pandemiefrühwarnzentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eröffnet. Dort sollen die Fäden aus aller Welt zusammenlaufen, um Bedrohungen wie durch das Coronavirus früh zu erkennen. Dann könnten Regierungen rechtzeitig Maßnahmen verhängen und etwa Verhaltens- oder Reiseempfehlungen aussprechen. An der Eröffnung nehmen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) und WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus teil.
Gesundheitsexperten warnen, dass das Auftauchen eines neuen Virus mit weltweiten Gefahren nur eine Frage der Zeit ist. Signale müssten systematisch überwacht werden. Die Hoffnung ist, dass dann früher und konsequenter gehandelt wird als nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang vergangenen Jahres. „Eine wesentliche Grundlage für den Kampf gegen zukünftige Pandemien sind Daten“, sagte Bundeskanzlerin Merkel im Mai, als der Beschluss für dieses Zentrum fiel. „Daten, die, wenn sie mit den richtigen Analysewerkzeugen gebündelt und verarbeitet werden, Erkenntnisse liefern, die wir niemals alleine oder zumindest nicht so schnell entdecken könnten.“
Das Zentrum soll mithilfe von künstlicher Intelligenz Unmengen von Daten analysieren. Dabei geht es etwa um Tiergesundheit, ungewöhnliche Krankheiten bei Menschen, Verhaltensänderungen der Menschen, Klimawandelfolgen oder Bevölkerungsverschiebungen. Modelle sollen helfen, mögliche Risiken besser einzuschätzen. (dpa)
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