Knast wegen Cum-Ex
Haftstrafe wegen Steuerbetrug: Experten sagen nach dem Urteil gegen deutschen Ex-Banker, dass „Rechtsgeschichte“ geschrieben worden sei.
BERLIN TAZ Für Gerhard Schick ist es ein „wichtiger Meilenstein im Cum-Ex-Skandal“. Der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende wertet das Urteil des Bonner Landgerichts gegen den einstigen Generalbevollmächtigten der Privatbank M.M. Warburg aus Hamburg als ersten Schritt, um jahrelange Versäumnisse wiedergutzumachen. Linken-Finanzexperte Fabio De Masi sagte, es sei Rechtsgeschichte geschrieben worden.
Das Landgericht Bonn hatte Christian S. am Dienstagabend wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Es ist das erste Urteil im Cum-Ex-Skandal mit Haftstrafe und das erste gegen einen deutschen Ex-Banker. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, möglicherweise wird Revision eingelegt.
Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Jahre Haft gefordert, die Verteidigung Freispruch. S. galt als rechte Hand des Warburg-Chefs und Miteigners Christian Olearius. Die Bank betont, sich stets an Recht und Gesetz gehalten zu haben.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) musste sich vor einem Untersuchungsausschuss in Hamburg verantworten, der klären sollte, ob er in seiner Zeit als Erster Bürgermeister zugunsten von Warburg eingegriffen hatte. Die Hamburger Finanzbehörde hatte Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verjähren lassen.
Weitere Verfahren anhängig
Bei den Geschäften schoben Banken, Investoren und Fonds Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch rund um den Ausschüttungsstichtag hin und her. Ziel war, sich eine nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer doppelt oder gar mehrfach erstatten zu lassen. Der Schaden für den Fiskus wird auf viele Milliarden geschätzt. Die Bundesregierung untersagte die Praxis erst 2012.
Bereits 2020 hatte das Bonner Landgericht zwei britische Aktienhändler zu Bewährungsstrafen verurteilt. Sie hatten umfangreich ausgesagt. Drei weitere Verfahren sind in Bonn noch anhängig. Warburg hatte 2020 insgesamt 155 Millionen Euro an den Fiskus überwiesen – zu viel erstattete Steuern. Die Bank klagt nun sowohl gegen Initiatoren und Nutznießer der Cum-Ex-Geschäfte als auch gegen die Steuerbescheide, die die Rückzahlung bedingten.
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